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Esslingen
9. November 2000

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

Ich heisse Frierich. Ich bin zehn Jahre alt, und ich bin ein Schüler in der Esslinger Grundschule. Ich schreibe Ihnen, weil einer meiner Mitschüler bald abgeschoben wird. Er heisst Yasir, und er muss mit seinen Eltern zurück in die Türkei gehen, weil er kurdisch ist. Er ist kein besonders guter freund von mir, und früher habe ich nicht viel daran gedacht. Ich dachte, dass es einen guten Grund geben muss, warum er weggehen muss. Letzlich hat meine Klasse die Reichskristallnacht (http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/antisemitismus/kristallnacht/) diskutiert. Mein Lehrer hat uns erlärt, was am 9. November 1938 überall in Deutschland und auch in unserer eigenen Stadt passiert ist. Er glaubt, dass wir dieses Ereignis verstehen müssen, und dass wir uns an den Nationalsozialismus erinnern sollen.

Meine Eltern sagen, dass ich mir nicht darüber Sorgen machen soll, aber gestern Nacht bin ich mir plötzlich bewusst geworden, dass es vielleicht eine Verbindung zwischen der Kristallnacht und Yasirs Abschiebung gibt. Meine Eltern haben gesagt, dass es nur Quatsch war, und dass ich zu viel an die Vergangenheit denke. Auch mein Lehrer hat uns gesagt, dass wir die Kristallnacht nicht erwänen sollen, wenn wir einen Brief schreiben. Aber ich denke, dass es wichtig ist. Vielleicht haben Sie diese Verbingung nie gesehen! Jetzt sehe ich, dss es keinen Grund gibt, warum Yasir nicht bleiben soll. Vielleicht können Sie etwas machen, um Yasirs Familie zu helfen.

Als wir über die Kristallnacht gelernt haben, verstehe ich nicht, warum Menschen die Juden so gemein behandelt haben, fast wie sie nicht Menschen seien. Nur weil sie Juden waren. Und jetzt wird Yasir abgeschoben, nur weil er kurdisch ist! Vielleicht habe ich alles nicht verstanden. Ich kann nicht verstehen, warum es schlecht ist, ein Kurde oder ein Jude zu sein. Das ist nicht fair. Ich weiss das, weil ich weiss, dass der Antisemitismus auch nicht fair war. Yasir ust sehn ähnlich wie ich und die anderen Schüler, und er soll nicht weggehen müssen. Weil Sie so mächtig sind, bin ich sicher, dass Sie etwas machen werden, um diese situation zu verbessern.

Mit freundlichen Grussen,

Friedrich Fehrmann


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