Die Revolution der 68er - Generation | Die Studentenbewegung | ... in Bezug auf Der Vorleser
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Wie wir sehen können, hat die deutsche Bevölkerung ein beträchtliches Gewicht mit sich zu tragen. Sogar die jüngste Generation Deutschlands, die gar nichts mit dem Krieg zu tun hatten, leiden unter Schuldgefühlen.

Der Vorleser von Bernhard Schlink beschreibt wie schwierig es ist für den Protagonisten, Michael, mit dem Scham und der Schuld, die durch Hannas Verlassen verursacht wurden, umzugehen. Michael leidet nachdem Hanna ohne Verabschiedung wegfährt. Er zweifelt an seiner bisherigen Loyalität zu ihr und ist im Grossen und Ganzen sehr verletzt. Er fühlt sich aus mehreren Gründen schuldig, aber hauptsächlich wegen seinen Geheimnissen und seine Lügen. Seine Schuld ist aber nicht nur sich selbst gegenüber, sondern auch seinen Kameraden und alle die er täuscht. Besonders gegenüber seiner "Freundin", einem Mädchen aus seiner Klasse namens Sofie, fühlt er sich schuldig und später auch seiner eigenen Frau gegenüber, was sie sogar zur Scheidung treibt.

Am Anfang spürt Michael nur Schuld, später wegen seiner Verheimlichung auch Scham, was ihn sehr unglücklich macht. Er versucht durch mehrere Wege mit seinen Gefühlen zurechtzukommen durch Gespräche mit seinem Vater und dem Vorsitzenden Richter von Hannas Prozess. Aber es hilft ihm nicht, denn er kann niemandem die ganze Wahrheit erzählen. Nur ganz am Schluss des Buches, nachdem Hanna gestorben ist, und sie Michael eine Aufgabe gestellt hat, enthüllt er sein Geheimnis dem Mädchen, das in der Kirche das Feuer überlebt hatte und das Geld von Hanna bekommen sollte. Michael versucht mit seiner Vergangenheit klar zu kommen und mit ihr irgendwie fertig zu werden und beichtet deshalb der Tochter sein Verschweigen. Er bekommt aber von ihr keine Erlösung und er muss seine Schuld und dann auch die Schuld Hannas mit sich tragen. Am Schluss des Textes behauptet Michael "Vielleicht habe ich unsere Geschichte doch geschrieben, weil ich sie loswerden will, auch wenn ich es nicht kann" und beschreibt wie er nur einmal den Mut hatte, Hannas Grab zu besuchen. Es scheint so als ob Michael, wie die Bevölkerung Deutschlands, trotz den kleinen Fortschritten in ihrer Vergangenheitsbewältigung es nie schaffen wird, ihre kollektive Schuld loszuwerden und muss damit leben und lernen, damit umgehen zu können.

Wir müssen uns alle die Frage stellen, ob es überhaupt möglich ist, unsere Vergangenheit zu bewältigen, oder ob das Vergangene ein Teil unseres Charakters bleibt, das mit uns getragen und in unser Unterbewusstsein gedrängt werden muss, um damit klarzukommen.

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