Scham und Schuld | Betäubung | Michael | Hanna | Die überlebende Tochter | Didaktisierung | Links
Hanna ist vielleicht der dunkelste und rätselhafteste Charakter des Vorlesers. Die Details ihres Lebens werden nie für den Leser klargestellt, nicht einmal während ihres Prozesses, der sich eigentlich mit den Tatsachen ihres Lebens völlig befasst sein sollte. Sogar Michael, der Hannas ehemaliger Verlobter ist, weiß fast nichts über sie, weder über ihre Taten noch ihre Gefühle.

Wenn man Michael als Darstellung seiner Generation (die "Generation der Nachlebenden") versteht, wird es klar, dass Hanna auch die Verkörperung ihrer Generation sein könnte. Als kleine Kinder begreift Michaels Generation die Taten ihrer Eltern nicht; als Junge, weiß Michael überhaupt nichts über Hannas Vergangenheit. Hannas Verschwinden und Michaels nachfolgende emotionale Verletzung (zuerst) und Betäubung (danach) stimmen mit dem Erfassen der jüngeren Generation der Schreckenstaten ihrer Eltern überein.

Dass Hanna von der überlebenden Tochter keine Absolution bekommt (aber dass Hannas Blechdose akzeptiert wird) ist auch eine kraftvolle Angabe: die Täter des Holocausts dürfen nie vergeben werden, aber vielleicht gibt es Hoffnung für Friedensabkommen zwischen denen und den Opfern.

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