Scham und Schuld | Betäubung | Michael | Hanna | Die überlebende Tochter | Didaktisierung | Links
Am Anfang der Geschichte ist Michael ein fünfzehnjähriger Schüler. Er lernt Hanna durch einen Zufall kennen. Er wird krank mit Gelbsucht, und braucht eines Tages Hilfe als er durch die Straße geht. Hanna hilft ihm, und so beginnt sich ihre Beziehung zu entwickeln. Michael, der noch sehr unerfahren in Sachen Liebe ist, hat als erstes Angst, und ist schüchtern und verlegen. Er lernt durch Hanna den "Umgang" mit den Mädchen, und er wird insgesamt selbstbewusster. Nach einiger Zeit möchte Hanna, dass Michael ihr Texte vorliest. Michael schreibt "Aber als ich am nächsten Tag kam und sie küssen wollte, entzog sie sich: Zuerst musst du mir vorlesen.' Sie meinte es ernst" (43).

Michael wird Hanna unterwürfig:

Ich hatte nicht nur diesen Streit verloren. Ich hatte nach
kurzem Kampf kapituliert, als sie drohte mich
zurückzuweisen, sich mir zu entziehen. In den kommenden
Wochen habe ich nicht einmal kurz gekämpft. Wenn sie
drohte, habe ich sofort bedingungslos kapituliert. Ich habe
alles auf mich genommen. Ich habe Fehler zugegeben, die
ich nicht begangen hatte, Absichten eingestanden, die ich
nie gehegt hatte. (50)

Michael handelt oft so, als ob er fürchtet, dass er Hanna verlieren könnte. Wenn Hanna verschwindet, kann es Michael nicht fassen. Er sehnt sich nach ihr und vermisst sie schmerzlich-"Es dauerte eine Weile, bis mein Körper sich nicht mehr nach dem ihrem sehnte" (83).

Einige Jahre später sieht der Jura-Student Michael Berg seine Hanna im Gerichtssaal wieder-auf der Anklagebank in einem KZ-Prozess, das er mit seinem Seminar besucht. Nach einiger Zeit fängt er an, wieder mit Hanna zu sprechen und ihr vorzulesen. Er nimmt seine vorgelesenen Geschichten auf Kassetten auf, und schickt sie ihr in ihre Zelle. Nach achtzehn Jahren besucht er sie im Gefängnsi zum ersten Mal, und, kürzlich später, wird er benachrichtigt, dass Hanna sich in ihrer Zelle umgebracht hat.

In vieler Hinsicht korreliert der Charakter von Michael mit der "Generation der Nachlebenden" zu der er gehört. Als Einzelperson weiß er nicht, wie er mit seiner Vergangenheit mit Hanna zurechtkommen soll; als Mitglied seiner Generation akzeptiert er nicht die dunklen Geschäfte von Deutschlands Geschichte. Sein innerer Monolog, wodurch er seine Gefühle über den Holocaust erforscht, könnte auch zu seiner Beziehung mit Hanna relevant sein: die Frage, ob er "nur in Entsetzen, Scham und Schuld verstummen" soll (102), stellt er sich genauso oft in Bezug auf Hanna als auf den Holocaust. Gleichzeitig sind viele seine Gefühle über Hanna auch auf den Holocaust anwendbar: er ist genau so "betäubt" wegen des Holocausts als wegen Hanna.

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